In ihrem vielfach ausgezeichneten Videoessay Passing Drama widmet sich Angela Melitopoulos einem kollektiven Gedächtnisprozess: der Fluchterfahrung einer griechischen Minderheit, die aus politischen Gründen in den 20er Jahren aus der Türkei deportiert wurde. Melitopoulos verwebt die Stimmen der Geflüchteten mit immer neu verkettetem Bildmaterial zu einem Hörbild, dass ihrer eigenen Familiengeschichte ebenso nachspürt wie dem Massenphänomen von Migrationsbewegungen nach dem ersten Weltkrieg.
»Die Flucht als Motiv der Erzählung wird in Passing Drama zu einem filmischen Thema über Erzählung und Gedächtnis selbst. Historie erscheint als eine Maschinerie, die für das Wohl einer unsichtbaren Mehrheit Minderheiten verschlingt. Drama wird zur Bühne des Vergessens, allerdings eines Vergessens, das nicht aufgehört hat, zu bewegen. Drama ist auch der Name der nordgriechischen Stadt, in deren Umgebung sich nach 1923 viele Flüchtlinge aus Kleinasien, unter ihnen auch meine Großeltern, niederließen, nachdem sie das Trauma und die Deportationen der ›Kleinasiatischen Katastrophe‹ überlebt hatten. Diese Flucht endete für viele nicht in Drama: Tausende dieser Flüchtlinge kamen in der ersten oder zweiten Generation als Zwangsarbeiter nach Österreich und später ein zweites Mal als Gastarbeiter nach Deutschland. […] Diese ›Gastarbeiter‹ konnten nicht nur von Armut und Bürgerkrieg erzählen, sondern auch von der Konsequenz ihres Widerstands, vom Partisanenkrieg, von Arbeitslagern, der Zwangsarbeit, und von einem Genozid, den man Vertreibung nennt, weil die Beweismittel dieses organisierten Verbrechens noch heute fehlen.«
Angela Melitopoulos
Fokus: Über Deutschland
27.4., 18:00 Uhr, Altes Pfandhaus Ticket (Writing With Flaming Fingers Kurzfilmprogramm)