»Ich will mich auf die Handlung konzentrieren – spezifisch und noch offen – in die mein Protagonist eintritt: eine Handlung, die wir als Publikum mit ihm teilen. Das ist der Vorgang des Beobachtens. Des Ansehens. Des Sehens. Was bedeutet es, anzusehen, zu beobachten, zu fotografieren, zu filmen? ... Ich will mich auf die Fiktion konzentrieren, das Gebiet, das uns aus dem Würgegriff und den Ansprüchen von Vergangenheit und Gegenwart befreit. Der Erzähler benutzt die Fiktion um sich vorzustellen, dass sich etwas ändern kann; und um Möglichkeiten auszuloten, die die ›Realität‹ ausschließt. In diesem Sinn ist die Fiktion oder die Erzählung das Geschenk der Gegenwart an die Zukunft.« Shelly Silver
Nach 50 Jahren kehrt ein Mann nach Chinatown zurück, um sich um seine sterbende Mutter zu kümmern. Er ist Bibliothekar, Katalogisierer und Protokollant, ein schwuler Mann, ein Beobachter, ein Darsteller. Er sammelt Bilder – sie sind seine Zeugen und Helfer. Indem der Zuschauer sie ansieht, schlüpft er mit unter die Tarnkappe dieses Mannes, die Fluch und Segen zugleich ist: Denn dieser Mann, der seinen Namen nicht verrät, kehrt zugleich als Eingeweihter und Außenseiter in sein altes Wohnviertel zurück, dem er als Teenager so schnell wie möglich entflohen war. Touch ist ein Essay, erzählt aus der Perspektive dieses einen Mannes. Und es ist auch Fiktion, denn dieser Mann ist eine erfundene Person; ein Amalgam aus Recherche, Interviews, vertraulichen Kommentaren, Geheimnissen, Abenteuerlichem und frei geäußerten Sehnsüchten.
Biografie
Shelly Silvers Werk verschränkt eine Vielzahl von Themen und Genres und hinterfragt dabei immer wieder Begriffe wie Authentizität und Fiktion. Besonders aufmerksam erkundet sie die Gefüge und Grenzen komplexer menschlicher Beziehungen. Sie studierte an der Cornell University in Ithaca, New York, nahm am Independent Study Program des Whitney Museum of American Art teil und war Simon Guggenheim Fellow. Shelly Silver nahm unter anderem an Künstleraustauschen des DAAD in Berlin und der Cité des Arts in Paris teil. Weltweit sind ihre Arbeiten auf Festivals, in Museen oder im Fernsehen zu sehen. Sie lebt und arbeitet in New York und ist dort Professorin für Visuelle Künste an der School of Visual Arts der Columbia University.